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„Der Euro – Fluch oder Segen?“

17. November 2014

Europa hat die Globalisierung verschlafen!

Die europäische Krise trägt viele Namen – Osteuropa, Banken, Staatsschulden, Finanzsysteme, Euro, Gesellschaft oder Griechenland – hat jedoch einen gemeinsamen Nenner: die übermäßige Verschuldung volkswirtschaftlicher Staatssektoren der einzelnen Mitgliedsstaaten. Im Rahmen eines Business Breakfast bei Ecker & Partner skizzierte Thomas Wieser, Präsident des Economic and Financial Committee (EFC) der europäischen Union und Vorsitzender der Euro Working Group (EWG), mögliche Handlungsfelder.

Zu Beginn seines Vortrages merkte Wieser an, dass die aktuelle europäische Krise bereits in den 90er Jahren ihren Anfang nahm. Europa sowie die USA und Japan wurden von Niedriglohnprodukten im Zuge der fortschreitenden Globalisierung geradezu überschwemmt, ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit sowie fehlende Ausgewogenheit in Bezug auf die Einkommensverteilung waren die Folgen. Allerdings wurde mit dieser Problemstellung höchst unterschiedlich umgegangen: Während die USA dem wirtschaftspolitischen Leitbild „Laissez-faire“ folgten, wurde in großen Teilen Europas Geld in die Hand genommen. Dieses aktive Gegensteuern manifestierte sich unter anderem in Frühpenionsierungswellen oder dem griechischen Aufblasen des Staatsapparates und brachte wenig überraschend ein Ansteigen der Staatsschulden mit sich. „Wir haben die Anpassungsprobleme an die Globalisierung in Europa verschlafen“, resümierte der Chef-Koordinator der Euro-Gruppe.

Das schwedische Vorbild

Deutlich besser reagierte z.B. Schweden auf die neuen Herausforderungen – mit einem „Investitionsmodell“. Nicht die kurz- bis mittelfristige Erhöhung der Konsum- bzw. gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, sondern Investitionen in die Zukunft standen und stehen immer noch im Zentrum der skandinavischen Wirtschaftspolitik. Unumgänglich seien laut Wieser Investitionen in Bildung, Ausbildung, F&E und Innovation. „Diese Parameter sind für die zukünftige Produktivität einer Volkswirtschaft ausschlaggebend um keinen kurzfristigen Boost auszulösen, sondern nachhaltiges Wachstumspotential auszuschöpfen“, so der Finanzexperte.

Was jedoch kann Europa bzw. können die einzelnen Mitgliedsstaaten nun tun? Die ambitionierte Antwort lautet: Rahmenbedingungen für Investitionen müssen verbessert, mehr öffentliche Investitionen in immaterielle Infrastruktur getätigt werden. Zudem müssen die einzelnen Mitgliedsstaaten ihre Instrumente der Fiskalpolitik richtig einsetzen, also de facto jeder seine Ökonomie-Hausaufgaben erledigen.

Reformwilligkeit – zwischen Nation und Supranationalität

Die größte Herausforderung sei nun, das ambivalente Verhältnis von Staat und Staatengebilde zu überbrücken. „Die Mitglieder der EU müssen einerseits Reformen für ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit durchführen, dabei aber nie den Blick auf das Gesamte – die europäische Währungsunion – verlieren. Sonst werden wir der Globalisierung nicht standhalten können“, merkt Wieser an. Gerade im Bezug auf Pensions- oder Gesundheitsreformen sei die Eigeninitiative der Euro-Teilnehmer wichtig, da hier die jeweilige Verfassungsautonomie zu tragen kommt. „Brüssel kann durch Vereinbarungen und wirtschaftspolitische Kooperationen bei der Problemlösung helfen, aber an der eigenen Maßnahmenfreudigkeit führt kein Weg vorbei. Nur so kann ein nachhaltiger Schritt aus der aktuellen Wachstumskrise gelingen.“

Der spannenden Diskussion im Anschluss folgten u.a. Margit Schratzenstaller-Altzinger (WIFO), Kurt Tojner (VISA Europe), Thomas Weninger (Österreichischer Städtebund), Sabine Radl (WKO), Peter Gumpinger (Österreichische Kontrollbank), Günther Granitzer (VVO), Kurt Kasperak (LIST Beteiligungsges.m.b.H.), Franz Kassel (VAVO), Max Kothbauer (ÖNB), Hermann Katinger (Polymun Scientific) und Georg Ransmayr (ORF).

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Mag. Dietmar Ecker, Eigentümer und geschäftsführender Gesellschafter Ecker & Partner Öffentlichkeitsarbeit und Public Affairs GmbH; Mag. Thomas Wieser, Präsident des Economic and Financial Committee (EFC) der Europäischen Union und Vorsitzender der Euro Working Group (EWG)
Fotorechte: EuP/Michalski

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