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Hengstschläger fordert Mut zur Individualität an Österreichs Schulen

12. September 2012

Ein Plädoyer für die Individualität, vor allem an Österreichs Schulen, hielt Univ. Prof. Dr. Markus Hengstschläger, Vorstand des Instituts für Medizinische Genetik der Medizinischen Universität Wien, im Rahmen des Business Breakfast bei Ecker & Partner. Die in Österreich vorherrschende Methode, sich andauernd am Durchschnitt zu orientieren, sei eine untaugliche Art der Vorbereitung auf zukünftige Probleme, so Hengstschläger. In Österreich herrsche die Meinung vor, es sei „klüger, sich mit der Mehrheit zu irren, als alleine Recht zu haben“. Dabei seien die erfolgreichsten Mittel zur Anpassung an neue Umstände, Individualität und Flexibilität, die es für das Wichtigste in unserer Gesellschaft – die nächste Generation – um jeden Preis zu schaffen gelte. Ein freier Markt der Schulen, sowie die Konzentration auf die Stärken der Schüler seitens der Lehrer, sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Kampf dem Durchschnittsdenken

Der renommierte Genetiker Hengstschläger, Mitglied des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, greift auf seinen Fachbereich zurück, um auf das fehlgeleitete System in Österreich hinzuweisen. So habe die Evolution als erfolgreichstes Konzept aller Zeiten nur einen Zweck: Individualität zu schaffen, um die Lebewesen vor zukünftigen Problemen zu schützen. Bezogen auf die Förderung von Individualität, stellt Hengstschläger der österreichischen Politik ein schlechtes Zeugnis aus. So sei es hierzulande Usus, „Kinder am Durchschnitt zu messen“, anstatt ihre Eigenheiten zu fördern. Die Konsequenz sei ein System, welches Schulkindern nahe legt, sich auf ihre Schwächen zu konzentrieren und ihre Stärken zu vernachlässigen – mit dem Ergebnis der Durchschnittlichkeit in allen Bereichen. Um diesem Zustand entgegenzuwirken, pocht Hengstschläger auf die Durchmischung von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Lebensbereiche. Daraus ergebe sich das genaue Gegenteil von Elitenbildung, denn „wenn alle biologisch verschieden sind, ist niemand anders. Und wenn niemand anders ist, sind alle Eliten“, so Hengstschläger weiter.

Politik, Wirtschaft und Bildungseinrichtungen müssen handeln

Um die vorherrschende Situation zu ändern, schlägt Hengstschläger kollektiven Druck aus den Bereichen Wirtschaft, Industrie, Pädagogik und Universitäten vor. Um die alten Strukturen aufzubrechen, sei eine große Portion Mut sowie das persönliche Engagement eines jeden essentiell, denn „Demokratie wird nicht vom Lehnsessel aus gemacht“. Voraussetzung für eine gelingende Umgestaltung sei nicht zuletzt die Verabschiedung vom vorherrschenden „Kastendenken“, welches sich noch aus der Kaiserzeit gehalten habe. Hätten damals nur die Adeligen-Kinder Zugang zur Bildung gehabt, so seien es heute vorrangig die Kinder aus Akademiker-Familien.

40 Stunden Anwesenheit für Lehrer, dafür administrative Entlastung

Die Schulen müssten zukünftig in der Lage sein, Spezialisierungen und Ausrichtungen selbst zu wählen und somit einen freien Markt zu schaffen, auf dem Kinder und Eltern frei wählen können. Gleich bleiben würden in allen Schulen nur die Kernfächer sowie die Zentralmatura. Eltern dürften nicht mehr dazu gezwungen sein, mit ihren Kindern nach der Schule noch Bücher zu wälzen bzw. diese in die Nachhilfe zu schicken. Denn „wenn Eltern nach der Schule mit ihren Kindern lernen müssen, hat die Schule versagt“, so Hengstschläger weiter. Auch die Lehrer würden letztendlich profitieren, wenn sie – wie die meisten anderen Arbeitnehmer – 40 Stunden pro Woche mit fünf Wochen Urlaub im Jahr, am Arbeitsplatz anwesend wären. Dafür würden an den Schulen nach skandinavischem Modell viele neue Jobs geschaffen werden, die den Lehrern administrative Aufgaben abnehmen. Somit könnten sich die Lehrer ganz auf die Förderung der Schüler konzentrieren. Hengstschläger appelliert zum Schluss: „Wenn der Lehrer beginnt, den Schülern die Daumen zu drücken, dann ändert sich das System!“

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