Employer Branding der OMV
Ein Interview mit Dr. Georg Horacek
Dr. Georg Horacek ist Senior Vice President Human Resources der OMV AG und verantwortet das Employer Branding für ca. 30 Länder. Welchen Herausforderungen er dabei begegnet und wie die OMV außerhalb Österreichs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutiert, erzählt er im Gespräch mit der Wiener PR-Agentur Ecker & Partner.
Herr Horacek, was bedeutet Employer Branding für Sie bei der OMV?
Der Begriff ist nach wie vor nicht klar definiert – in Lehrbüchern, Fachartikeln oder im Gespräch mit Unternehmen herrschen dazu ganz unterschiedliche Ansichten. Eine typische Frage: Betrifft Employer Branding auch die eigenen Mitarbeiter oder nur die Außensicht? Da gibt es kein richtig oder falsch. Für mich persönlich lautet die Definition: die Außenwirkung des Unternehmens auf relevante Arbeitsmärkte.
Wofür steht die Arbeitgebermarke OMV bzw. was macht die OMV als Arbeitgeber so einzigartig?
Die Frage muss man in jedem Fall auch marktbezogen beantworten. In Österreich sind wir groß, gelten als erfolgreich und sobald in den Medien positiv über uns berichtet wird, steigt die Zahl der Initiativbewerbungen. In Norwegen beispielsweise, wo der Arbeitsmarkt von Ölspezialisten umkämpft ist, gelten wir als der kleine dynamische Newcomer. Die Menschen dort sind beeindruckt von unseren schnellen Reaktionen und kurzen Informationswegen.
Sie steuern von hier aus das Employer Branding für ca. 30 Länder. Was funktioniert in Österreich besonders gut? Worauf erhalten Sie eine starke, auch emotionale, Response? Was funktioniert beispielsweise in anderen Ländern, in Osteuropa?
Wir rekrutieren von Singapur über Texas bis Abu Dhabi. Ab einem bestimmten Anspruchsniveau gehen wir auf einem globalen Arbeitsmarkt auf die Suche und müssen uns dort als Arbeitgeber behaupten; ein ganz anderer Markt mit ganz anderen Kommunikationsmechanismen. Gegenüber den Giganten dort wirken wir klein. Unser Vorteil sind vergleichsweise kurze Procedures, wir schaffen Freiräume und bieten Entwicklungsmöglichkeiten. Employer Branding hat auch eine Filterwirkung: Es filtert die weg, die nicht in ein Unternehmen dieser Art möchten. Deswegen ist es so wichtig, dass das Branding stimmt, sonst filtert man Leute in eine Organisation hinein, die dort nicht hingehören. Das ist das Schlimmste, was passieren kann.
Die Grundregel lautet in Österreich und anderen Ländern auch: Erfolg macht sexy. Durch positive Berichterstattung wächst das Interesse eindeutig. Image hängt einem auch relativ lange nach, es ist ziemlich hartnäckig: Wenn man einmal ein Bild von einer Organisation hat, wird das von Generation zu Generation weitergegeben. Und es dauert lange, sich das aufzubauen. Langfristiges Denken in der Kommunikation und im Außenauftritt ist sehr wichtig. Beim Imageaufbau sollte man außerdem kulturelle Unterschiede beachten. Wir sehen diese deutlich am Beispiel von Rumänien und Norwegen. Während in Rumänien der persönliche Kontakt eine große Rolle spielt, legt man in Norwegen vor allem Wert auf Freiräume und hohe Flexibilität.
Dr. Georg Horacek (Fotos: © OMV Aktiengesellschaft)
Also ergreifen Sie unterschiedliche Employer Branding Maßnahmen?
Wir gehen insofern systematisch vor, als dass wir versuchen, Synergien zu nutzen. Wir spornen Länder aber auch an, das zu tun, was sie landesspezifisch gut können, solange sie der Linie treu bleiben. In Rumänien zum Beispiel sind wir sehr bemüht, mit jungen Leuten in persönlichen Kontakt zu kommen, wir binden sie stärker in verschiedene Projekte ein. Den Studenten gefällt es sehr, Seite an Seite mit unseren Leuten zu arbeiten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Mischung von kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen. Zum Beispiel motivieren wir Mädchen mit 14 oder 15 Jahren dazu, technische Berufe zu wählen, weil es einfach zu wenig Frauen in der Technik gibt. Das ist extrem langfristig.
Wir haben außerdem ein Technical Scholarship, ein dreijähriges Stipendium, mit dem wir Maturantinnen dazu bewegen möchten, ein technisches Studium aufzunehmen. Im vierten Jahr haben wir 15 Mädchen, von denen die Hälfte vielleicht ohne das Stipendium kein solches Studium gewählt hätte. Mit einer Kampagne gemeinsam mit der Montanuniversität Leoben haben wir außerdem die Zahl der Studenten der Erdölwissenschaften dort verdreifacht – innerhalb von zwei Jahren. Jetzt müssen wir sie nur noch an Land ziehen.
Ist es das, was die OMV gerade im Employer Branding von anderen unterscheidet? Denn es gibt ja von der Größe und der Vielfalt der Möglichkeiten her kaum ein Unternehmen, das in diesem Ausmaß agieren kann?
Das ist eines unserer großen Dilemmas: In Österreich sind wir natürlich eines der größten Industrieunternehmen, weltweit sind wir eher mittlere Liga. Player wie Shell oder BP können aufgrund ihrer Größe noch besser jonglieren. Die haben natürlich auch ihre Kernuniversitäten, mit denen sie gemeinsame Aktionen starten. Insofern ist das etwas, was man in Europa und weltweit schon öfter findet, nur eben in Österreich nicht.
Müssen Unternehmen jetzt ein stärkeres Employer Branding mit größerem zeitlichen und finanziellen Aufwand betreiben, um sich behaupten zu können?
Ja, speziell im technischen Bereich. Denn egal wo wir hinschauen und egal wie man es analysiert, in irgendeiner Form gibt es immer einen Mangel an Technikern, von Lehrlingen bis zu Diplomingenieuren. Ist die Konjunktur weniger gut, fällt das nicht so stark auf, aber sobald die Konjunktur anzieht, merken wir, wie zum Beispiel Österreich extrem darunter leidet, dass es an Technikern fehlt.
Das bedeutet, dem Fachkräftemangel kann man eigentlich nur mit gutem Employer Branding begegnen, um sich rechtzeitig die nächsten Generationen zu sichern?
Es gibt zwei Möglichkeiten: den Markt vergrößern, mehr Leute motivieren, sich für eine Sache zu interessieren. Oder Modelle, die in Österreich leider völlig eingeschlafen sind, so etwas wie eine B-Lehre, die einmal in der politischen Diskussion war. Wir verlieren ja doch einige junge Leute, die eine Lehre einfach nicht schaffen. Daher zog man eine Abstufung in Betracht, eine normale Lehre und eine kleine. Dann würden Leute überhaupt in eine Ausbildung und einen Beruf speziell im technischen Bereich integriert, die sonst womöglich komplett verloren gingen.
Wir haben von Maßnahmen gesprochen, die sich nach außen auf die nächste Generation richten und auch nach innen auf bestehende. Differenzieren Sie zwischen internem und externem Employer Branding?
Nein das geht nicht, das gehört ja alles zusammen. Ich denke, in Zeiten des Internets und all dieser Plattformen wird es immer heikler, Bilder nach innen oder außen hin anders darzustellen als sie sind. Natürlich kann man im Wording das gleiche Ding so oder so beschreiben, aber man sollte nicht versuchen, Bilder unterzuschieben. Ehe man sichs versieht, hat man einen Shitstorm.
Ich bin gar nicht unglücklich, wenn ich hin und wieder etwas Kritisches über uns lese, das erhöht doch auch die Glaubwürdigkeit. Wenn nach außen hin der Auftritt nur golden und glorreich ist, dann ist das unglaubwürdig und wirkt nicht gerade menschlich.
Qualitativ muss die Marke ja einheitlich auftreten. In welche Richtung geht die Entwicklung quantitativ betrachtet, d.h. wird mehr in Mitarbeiterbindung oder mehr in Akquise und Rekrutierung investiert?
Die OMV versteht sich als Long Term Employer. Das bedeutet aber, dass wir uns intern flexibler aufstellen müssen. Denn je mehr ich intern vorbaue, desto einfacher wird es, Positionen von innen her zu besetzen. Ansonsten muss ich nach außen gehen, in den unterschiedlichsten Formen. Wir behalten aber zum Beispiel unsere Praktikanten genau im Auge, auch fünf, sechs Jahre lang. Und wenn sie sich gut machen, versuchen wir, sie zurückzuholen. Wir haben beispielsweise auch immer mehr verschiedene Beschäftigungsverhältnisse, klassische Arbeitsverträge, aber auch Werkverträge, Consultants und Outsourcing Partner.
Die Grenzen lösen sich auf. Das macht es mühsamer zu managen – gleichzeitig aber auch spannender und flexibler.