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Die klassische PR ist tot – es lebe die Redaktion!

30. Juni 2016

5 Thesen zur Lage der Kommunikation

Kommentar von Axel Zuschmann

 

Erstens: Der Bedarf an Kommunikation steigt. Es existieren immer mehr Kanäle und Möglichkeiten, positiv (und allzu oft auch negativ) aufzufallen. Daher braucht es immer mehr Profis, die sich auskennen – vor allem, weil alle Unternehmen wissen, wie wichtig digitale und Social Media Kommunikation ist, aber die wenigsten wirklich wissen, wie sie damit umgehen sollen.

Ganze Branchen sehen sich vor neue Herausforderungen gestellt. Im Finanzbereich beispielsweise erleben wir einen Umbruch in der Bankenwelt, das Vordrängen von Fintechs, die wachsende Beliebtheit von Crowdfunding und Crowd Investments. Das wird zwangsläufig neue und verstärkte Kommunikationsleistungen – intern wie extern – mit sich bringen.

Anderes Beispiel: Litigation PR – kaum ein größeres Verfahren, das nicht öffentlichkeitswirksam wird und bei dem nicht Kommunikationsexperten und Medienberater eingebunden sind. Dieser Bedarf wird wachsen.

Zweitens: Die klassische PR ist tot. So wie die Grenzen zwischen Medien und Kanälen verschwimmen, gelten auch die Abgrenzungen zwischen den unterschiedlichen Disziplinen nicht mehr. Die Kunden wollen nicht fünf verschiedene Spezialagenturen, sondern Antworten auf ihre Kommunikationsfragen. Das moderne Unternehmen wird selbst zum Medium, das eher Themenwelten als Produkte über die verschiedensten Kanäle (owned, earned, paid) und mit unterschiedlichen Instrumenten (Text, Bewegtbild, Grafik, Event, Promotion, etc.) inszeniert. Mit immer stärkerer Personalisierung der Inhalte, aber nicht unbedingt durch CEO und Management, sondern auch über Konsumenten bzw. Peer Group Personalities, Role Models bzw. Mitarbeiter aus allen Bereichen.

Dieses Orchester braucht einen Dirigenten, einen Chefredakteur, der die Kommunikation rund um die Uhr steuert. Die moderne Agentur ist Redaktion und Newsroom ihrer Kunden. Das ist ihre Berechtigung und ihre Chance.

Drittens: Sparen ist teuer. Die Branche hat über weite Strecken vor dem Paradoxon kapituliert, dass Kunden einerseits mehr, vielfältigere und schnellere Leistung fordern, andererseits immer weniger bezahlen. Die Budgets sinken, die Unternehmen sparen bei PR. Eine kurzsichtige Vorgangsweise, die mittel- und langfristig ordentlich ins Geld geht. Denn Dumping schadet Agenturen wie Kunden gleichermaßen. Auftraggeber, die mit Minibudgets ein komplettes PR-Jahresprogramm durchziehen wollen, dürfen sich nicht wundern, wenn sie am Ende zu wenige und zu schlechte Ergebnisse geliefert bekommen und deshalb mit Zusatzbudgets nachdoppeln müssen, um ihre Positionierung und ihr Image zu retten. Und die Agenturen dürfen sich nicht wundern, wenn sie bei solchen Etats nicht nur ihr Geld, sondern auch ihren Ruf verlieren.

Viertens: Lasst Profis arbeiten! Nicht nur auf Agentur-, sondern vor allem auf Kundenseite. Es braucht dringend eine Professionalisierung der Auftraggeber. Deren mangelnde Professionalität bei Pitches (von rudimentären Briefings über unrealistische Zeit- und Budgetvorgaben bis hin zu willkürlich zusammengewürfelten Laienjurys) sowie eine generelle Ausschreibungs-Unkultur (ein Kommunikationsauftrag ist ein anderes Beschaffungsverfahren als die Bestellung von 50.000 Steckdosen) mit aufwändigen bürokratischen Prozessen bringen Qualität in der Kommunikation systematisch um.

Fünftens: Es wird persönlicher und schneller. Mega-Trends wie Konnektivität und Individualisierung betreffen auch die Wahrnehmung von Marken, Unternehmen und Personen und die Nutzung von Medien – diesen Veränderungen muss auch die PR Rechnung tragen. Das heißt: stärkere Nutzung von Big Data als Basis für immer persönlichere Ansprache, schnelleres Tempo (Stichwort: Echtzeitkommunikation) und immer mehr digitale Kommunikationskanäle – inklusive klugem Suchmaschinenmarketing, Seeding und Native Advertising. Darauf werden wir nicht mehr verzichten können.

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