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Trendforscher über (Gegen)Trends & Slow Media

5. November 2015

Business Breakfast mit Harry Gatterer

In einer sich rasant verändernden Welt wird für Unternehmen immer wichtiger, gesellschaftliche Trends in ihre Entscheidungen einzubeziehen. Harry Gatterer, Trendforscher und Geschäftsführer des „Zukunftsinstitut Österreich“ erklärt das komplexe Gefüge von Trends im Rahmen eines Business Breakfast der PR-Agentur Ecker & Partner.

Jeder hat eine Vorstellung von der Zukunft. Die meisten denken dabei an technische Fortschritte, jedoch sind es vor allem gesellschaftliche Veränderungen, die unser Leben in der Zukunft maßgeblich prägen werden.

Wie sich solche gesellschaftlichen Trends entwickeln und warum es wichtig ist, diese zu nutzen und in unternehmerische Entscheidungsprozesse zu integrieren, erklärt Harry Gatterer, Trendforscher und Geschäftsführer des „Zukunftsinstitut Österreich“, im Rahmen des Business Breakfast, einer regelmäßig stattfindenden Netzwerkveranstaltung der PR-Agentur Ecker & Partner. Einen aktuellen Trend macht Gatterer am Phänomen „Slow Media“ fest – längere Formate und reduzierte optische Reize als Gegenbewegung zur visuellen Reizüberflutung und schnellen Onlinemedien. Und: Jeder große Trend erzeugt auch einen Gegentrend.

Nicht Trends folgen, sondern Trends verstehen

Ein Unternehmen muss als Teil der Gesellschaft lernen, Trends in die eigene Organisation einzubauen. Statt mit neuen Produkten blind auf Trends zu reagieren, gehe es darum, Zusammenhänge zu erkennen, die Narrative und Muster der Trends zu erkennen und so ein Verständnis für die Gesellschaft zu entwickeln. „Einem Trend soll man nicht folgen. Wenn man das tut, liegt man falsch oder ist zu spät dran. Wir wollen Kontextwissen erzeugen, denn als Teil der Gesellschaft liegen die neuen Trends schon in jedem einzelnen von uns“, erläutert der Trendforscher.

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Harry Gatterer, Geschäftsführer Zukunftsinstitut Österreich mit E&P-Geschäftsführerin Nicole Bäck-Knapp (Copyright: EuP/Appel)

Trendforschung als Spiegel der Gesellschaft

Die Trendforschung analysiert, welche Veränderungen unsere Gegenwart prägen, und wie sich diese auf die Zukunft auswirken könnten. Beobachten und Reflektieren von gesellschaftlichen Entwicklungen stehen im Zentrum, nicht pure Vorhersagen.

Trend-Begriffe sind hier ein wichtiges Instrument, um Phänomene zu beschreiben und so ein Bewusstsein für diese zu schaffen. Trend-Begriffe besetzen semantische Leerstellen, Trendforscher sind ein Spiegel der Gesellschaft. Das ist notwendig, denn in Sachen Trends gibt es viele Missverständnisse. Gatterer nennt als Beispiel den neuen Glaubenssatz ‚Alles wird schneller‘: „Dabei wird gar nicht alles schneller, es wird nur von Vielem mehr, das gleichzeitig auf uns einströmt“.

Will man Trends verstehen, muss man über die Welt des Unternehmens hinaus denken. „Die meisten Organisationen haben blinde Flecken, da sie sich zu sehr auf ihre eigene Umgebung fokussieren und dabei keine gesamtgesellschaftlichen Zusammenhänge erkennen können.“ Und Gatterer rät, zu differenzieren: „Nicht alles, was wir als neu und anders wahrnehmen, ist auch ein Signal. Vieles ist einfach nur Lärm.“

Trends und Gegentrends

Jeder große Trend trägt in sich schon die Tendenz zum Gegentrend – gut zu erkennen beim Megatrend Individualisierung. „Die Ich-Gesellschaft sucht heute nach neuen Gemeinschaften, individualisierte Menschen bauen sich eine Wir-Kultur“, erklärt Gatterer. Ein Zeichen: Die gesellschaftliche Welle der Empathie rund um ankommende Flüchtlinge – Hilfe wurde über Social-Media-Communities organisiert.

Ein anderes Beispiel: „Slow Media“ als Gegenbewegung zu den schnellen Online-Medien – längere Formate und reduzierte optische Reize laden zum Lesen ein. Eine Antithese zum oft prophezeiten Untergang von Print.

Komplexität kann man nicht zählen

Die Komplexität der gesellschaftlichen Entwicklungen sei mit reiner Meinungsforschung nicht erfassbar. „Das Zählen von Meinungen sagt heutzutage nicht viel aus. Das Erzählen von Meinungen hingegen schon“, folgert Gatterer in den abschließenden Worten seines Vortrags.

Tenor der anschließenden Diskussion: Wirtschaft, Gesellschaft und auch die Politik brauchen eine intensivere Auseinandersetzung mit Trends.

Der spannenden Diskussion folgten unter anderem Hermann Fried (Wiener Städtische), Vanessa Bundy (Bundy Bundy), Gabriele Zuna-Kratky (Technisches Museum Wien), Rainer Spenger (VKI) und Kathrin Limpel (TUI).

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